Wiese statt Rasen
Mit dem Kauf des Gartens wurden wir Besitzer eines mehr oder weniger gepflegten, kurzgemähten Rasens von ca. 800 qm (s. Bild 1). Auf der Fläche stehen mehrere Bäume und Sträucher, größtenteils alte Obstbäume, so dass sie, je nach Jahreszeit, vergleichsweise wenig Sonne abbekommt. Der Grundstücksbereich ist außerdem durch den Geländeverlauf schräg abfallend und der Boden relativ lehmig.
Bild 1: Der Rasen bei Kauf
Gemäß dem Motto, Wiese statt Rasen, war es mein Ziel, den Bereich zu einer klassischen Streuobstwiese werden zu lassen, allerdings wusste ich anfangs nicht, wie das überhaupt funktionieren kann.
Der erste Schritt hin zur Wiese war sicherlich, dass zu Beginn aus Zeitmangel nicht mehr gemäht wurde. So fing mein Rasen an, sich sehr schnell zu verändern. Am Anfang dominierten noch niedrigere Wildkräuter, wie z.B. der scharfe Hahnenfuß (Ranunculus acris) und Gamander Ehrenpreis (Veronica chamaedrys) (s. Bild 2).
Bild 2: Erste Wildkräuter im Rasen
Im Kopf hatte ich immer das Bild einer bunt blühenden Wiese, wie es ja vielfach mit diversen Samenmischungen beworben wird. Das Problem ist, dass diese Tütchen meist nur für kleinere Flächen reichen. Unabhängig davon habe ich trotzdem ein paar davon gekauft und einfach auf den Rasen gestreut. Das Ergebnis war relativ ernüchternd, nur wenig davon ist angegangen. Das lag vor allem daran, dass die gekauften Samenmischungen überhaupt nicht zum Standort passten und die vorhandenen Pflanzen über das Jahr viel zu dominant waren, um das Anwachsen der Samen zuzulassen.
Mir wurde schnell klar, dass das nicht der richtige Weg sein kann, deshalb habe ich mich in das Thema eingelesen und mir weitere Informationen besorgt. Empfohlen wurde regionales Saatgut zu verwenden, abgestimmt auf die vorhandenen Standortbedingungen und die Fläche vor der Aussaat von bereits vorhandenen Pflanzen zu befreien. Gesagt, getan, die passende Mischung wurde auf eine etwa 10 qm große, vorher entkrautete Fläche aufgebracht (s. Bild 3).
Bild 3: Entkrautete Fläche
Leider war auch dieses Ergebnis ernüchternd. Bis auf ein paar wenige Pflanzen, meist derselben Sorte, blieb die Fläche im ersten Jahr relativ kahl und mickerte so vor sich hin. Von blühender üppiger Vielfalt keine Spur.
Da parallel diverse andere Arbeiten auf dem Grundstück anstanden, wie z.B. das Anlegen der Terrasse, ist das Thema Wiese erst einmal in den Hintergrund gerückt.
Ich habe weiterhin konsequent maximal zweimal im Jahr gemäht, das allerdings nur in Teilbereichen, da die Fläche ziemlich groß ist und sich sehr schwer mähen lässt.
Interessant ist, dass ich damit unbewusst automatisch das Richtige und Beste getan habe, um meine Wiese natürlicher werden zu lassen. Die regelmäßig aber selten gemähten Bereiche haben sich dadurch nahezu von alleine entwickelt, indem sich dort in der Umgebung vorkommende, heimische Wildpflanzen, die mit den Standortbedingungen gut zurechtkommen, angesiedelt haben.
Es finden sich heute u.a. Kriechender Günsel (Ajuga reptans), Gundermann (Glechoma hederacea), Gamander Ehrenpreis (Veronica chamaedrys) , großes Hexenkraut (Circaea lutetiana), Waldziest (Stachys sylvatica), geflecktes Lungenkraut (Pulmonaria officinalis), Pfennigkraut (Lysimachia nummularia), echter Nelkenwurz (Geum urbanum), scharfer Hahnenfuß (Ranunculus acris), Löwenzahn (Taraxacum officinale), Gänseblümchen (Bellis perennis), Giersch (Aegopodium podagraria), Spitzwegereich (Plantago lanceolata), Breitwegerich (Plantago major), einige Farne und verschiedene Gräser, etc. (s. Bild 4).
Bild 4: Heimische Wildpflanzen statt Rasen
Sicherlich hat die Umgebung einen Einfluss darauf gehabt, die Lage ist angrenzend ländlich, so dass die Pflanzen auch außerhalb des Gartens vorkommen. Ich habe allerdings (bis auf den Versuch mit den 10 qm) weder die alte Grasfläche entfernt, noch den Boden aufgegraben, noch gewässert. Ich harke kein Laub zusammen, entferne jedoch den Grünschnitt nach dem Mähen. Interessanterweise hat nach zwei bis drei Jahren die "10 qm - Versuchsfläche" mit dem regionalen Saatgut auch an Vielfalt gewonnen.
Etwas schwieriger gestalten sich die Bereiche, die nicht mindestens einmal jährlich gemäht werden, denn zu seltenes Mähen ist für die Entwicklung einer artenreichen Wiese ebenfalls ungünstig, diese fängt schnell an zu verbuschen. Ganz ohne Eingriff geht es also auch nicht. Neben Baumsetzlingen (in erster Linie Wildkirsche und Ahorn) dominieren dort Brennnesseln (Urtica) und echter Nelkenwurz (Geum urbanum), diese wachsen so schnell, dass sie alles andere unterdrücken und sie breiten sich sehr schnell aus (s. Bild 5). Die Vielfalt geht vollständig verloren bzw. kommt gar nicht erst auf.
Bild 5: Zu dominante Pflanzen auf der Wiese
Das Ziel für die nächste Zeit ist, diese Bereiche durch bewusstes Eingreifen derart zu unterstützen, dass auch sie sich vielfältig und möglichst natürlich entwickeln. Hierzu gehört neben dem Mähen zu dominante Pflanzen zurückzudrängen.
Die Wandlung des ehemaligen Rasens in eine natürliche Wiese ist nicht abgeschlossen, aber auf einem guten Weg (s. Bild 6).
Bild 6: Natürliche Wiese
Wiese statt Rasen, meine Erfahrungen:
• Maximal zweimal im Jahr mähen
• Zu dominante Pflanzen begrenzen
• Keine Eingriffe in die Bodenbeschaffenheit vornehmen
• Gar nicht oder zu seltenes Mähen (Flächen verbuschen)
• Für den Standort ungeeignete Samenmischungen aufbringen / Pflanzen ansiedeln